Der Einsatz der
Gamma Knife Technologie bei einem Akustikusneurinom

Das Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom) ist ein seltener gutartiger Tumor, der vom Gleichgewichts- und Hörnerven ausgeht. Einer von  50.000 Menschen im Jahr leidet an dieser Erkrankung, dabei ist die Ursachen sind unbekannt. Frauen sind im Vergleich zu Männern etwas häufiger betroffen.

Der Ausgangspunkt der Tumorentwicklung ist im inneren Gehörgang, denn von dort wächst der Tumor langsam in Richtung Kleinhirngewebe und weitet langfristig den Knochen des inneren Gehörganges auf. Menschen zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr sind am häufigsten betroffen. Bei kleinen Tumoren hat der Patient häufig für viele Monate bis Jahre keinerlei Beschwerden. Solch ein Tumor wächst etwa 1–5 mm im Jahr – er ist normalerweise nicht vererbbar.

Eine Ausnahme stellt die Neurofibromatose Typ II-Krankheit dar, denn sie ist eine extrem seltene Form mit beidseitigen Akustikusneurinomen und Meningeomen bei jungen Menschen. Hier wurde eine Vererbbarkeit nachgewiesen.

Die ersten Symptome sind: Tinnitus (Ohrgeräusch) auf einem Ohr, Hörminderung oder gelegentlich Hörsturz, sowie leichte Unsicherheiten, besonders bei schnellem Lagewechsel, und beim Gehen im Dunklen, oder Schwindel kommen vor.

Diagnose

Das beste Untersuchungsverfahren zur Diagnose eines Akustikusneurinomes ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Hierdurch werden wichtige Informationen, wie Tumorgröße und dessen Lage zu den Hirnnerven und Hirnstamm gewonnen. Ein MRT wird mit Kontrastmittel in dünnen Schichten (1–1.5 mm) durchgeführt.

Die drei relevanten Hirnnerven sind der Hörnerv (Nervus cochlearis), der Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) und der Gesichtsbewegungsnerv (Nervus facialis). Einzelne Nervenbahnen dieser Hirnnerven können bei Tumorlage im inneren Gehörgang meistens nicht mehr abgegrenzt werden.

Unbehandelt verlieren mehr als 90 % aller Patienten mit Akustikusneurinom innerhalb von 10 Jahren ab Diagnosestellung das Gehör auf der betroffenen Seite. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt sollte regelmäßige Hörprüfungen (Audiometrien) zur Beurteilung einer Hörverschlechterung durchführen, denn ist das Gehör erst einmal durch Tumordruck geschädigt, wird es sich durch eine Behandlung nicht mehr erholen.

Abwarten

Bei sehr kleinen Tumoren, also kleiner als 1 cm, kann der Spontanverlauf mittels MRT-Kontrollen beobachtet werden (wait-and-see). Allerdings sollten Sie nicht zu lange warten, da ansonsten eine bleibende Hörminderung, also eine Ertaubung, eintreten kann.

Operation

Bei großen Tumoren, die größer als 2,5–3 cm im Durchmesser sind, sollte primär operiert werden. Durch die Operation wird der Tumor entfernt und die Kompression auf das Hirngewebe beseitigt. Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose und dauert im Schnitt 3–5 Stunden, dabei sind die Risiken in erster Linie Hörminderung bis Hörverlust. In der Anfangszeit kommt es zu deutlichen Gleichgewichtsstörungen und manchmal auch zu einer Facialis-Gesichtsschwäche. Schwerwiegende Risiken (5 %) eines solchen Eingriffs sind Blutungen, Nachblutungen, Infektionen, Hirnwasseraufstau oder Gewebsverletzungen.

Nach der Operation ist der Gleichgewichtsnerv zerstört und der Patient hat für 2–3 Monate Gleichgewichtsstörungen.

Mit einer Gesichtslähmung (Nervus facialis) ist nach einer Operation eher zu rechnen, als nach einer Bestrahlung. Es können bei Verletzung des Nerven auch bleibende Gesichtslähmungen auftreten.

Bestrahlung

Als Alternative zu einer Operation können kleinere Akustikusneurinome auch bestrahlt werden. Hierbei wird Ihr Tumor nicht entfernt, sondern abgetötet. Im Gegensatz zur Operation wird der Kopf nicht eröffnet. Ob die Bestrahlung möglich ist, hängt von der Größe und Lage Ihres Tumors ab.

Bestrahlung

Bei kleinen und mittelgroßen Tumoren hat sich die Therapie der fokussierten, einzeitigen ­­Hochpräzisionsbestrahlung (Radiochirurgie) durchgesetzt. Im Gegensatz zu einer mehrwöchigen, fraktionierten Bestrahlung ist unsere Gamma Knife Therapie gezielt auf den Tumor ausgerichtet und dabei durch die sehr steile Dosisreduktion in der Umgebung des Tumors maximal schonend.

Ergebnis

Ziel unserer Bestrahlung ist ein Tumorstillstand. Dies erreichen wir bei ca. 90–95 % der Patienten. 1–2 Jahre nach einer Bestrahlung sind deutliche Verkleinerungen der behandelten Tumore in ca. 40–60 % sichtbar.

Vorübergehend kann es bei ca. 20–25 % der bestrahlten Akustikusneurinome auch zu einer leichten Schwellungsreaktion kommen. In den ersten MRT-Kontrollen kann somit der Tumor leicht vergrößert erscheinen, ohne dass er gewachsen ist. Eine solche Schwellung bildet sich spontan wieder zurück.

Risiken

Das Risiko einer Hörminderung oder Ertaubung auf dem betroffenen Ohr liegt bei 20–40 %. Es ist abhängig von der Größe und Lage des Akustikusneurinoms.

Eine Schwäche des Gesichtsnervs (Nervus facialis) ist extrem selten (1–2 %). Vorübergehend kommt es nach einer Bestrahlung vermehrt zu Gleichgewichtsstörungen (5 %).  In aller Regel wird der Schwindel durch Training und Kompensation durch die gesunde Seite wieder ausgeglichen.

Um eine radiochirurgische, hochpräzise Bestrahlung am Kopf zu gewährleisten, müssen wir den Kopf während der Behandlung fixieren. Entweder durch einen stereotaktischen Ring oder einer thermoplastischen Maske.

Ein Krankenhausaufenthalt vermeiden wir in der Regel durch eine Bestrahlung mit dem Gamma Knife. Ausnahmen sind immer dann gegeben, wenn der Patient aufgrund von Begleiterkrankungen eine stationäre Betreuung oder Überwachung benötigt. In diesen Fällen behandeln wir kurzstationär. Eine Kur- oder Reha-Behandlung ist nicht notwendig.

Nach Operation eines Akustikusneurinoms ist der Patient 2–3 Monate nicht arbeitsfähig und sollte auf körperliche Anstrengungen in dieser Zeit verzichten. Nach einer Bestrahlung mit unserem Gamma Knife kann der Patient normalerweise nach 2–3 Tagen wieder zur Arbeit gehen, seinen häuslichen Alltagsverrichtungen nachkommen und nach ca. 1 Woche wieder Sport betreiben.

Zur notwendigen Nachsorge nach Radiochirurgie gehören anfänglich kernspintomografische Kontrollen im Abstand von 4–6 Monaten, später jährlich. Um die Hörfunktion in Zukunft zu überprüfen, sind regelmäßige Hörprüfungen (Audiometrien) durch den HNO-Arzt sinnvoll.

Ziel einer Nachsorge ist es, ein erneutes Tumorwachstum, einen Resttumor oder spätere Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Das gilt nach Radiochirugie und nach Operation.

Gamma Knife als schonende Alternative zur Operation

Bei einem Akustikusneurinom ist besonders für die kleinen und mittelgroßen Tumore die Radiochirurgie mit unserem Gamma Knife eine sehr effektive und schonende Therapie als Alternative zu einer Operation.